St.Galler Stimmvolk lehnt Sonderkredit für die Arealentwicklung Wil West ab – das Gesamtvorhaben ist nicht gestorben

Die Regio Wil und die Geschäftsstelle WILWEST bedauern, dass das Stimmvolk den Sonderkredit Arealentwicklung Wil West abgelehnt hat. Die Regio Wil wird nun mit dem Kanton St.Gallen und dem Kanton Thurgau zu klären haben, wie es weitergehen soll.

Das Wichtigste in Kürze

Das Projekt WILWEST ist sorgfältig entwickelt und berücksichtig sehr viele Aspekte von Verkehr über Landschaft, Immissionen und Naturschutz berücksichtigt. Man hat viel Energie, Fachwissen und Herzblut in das Vorhaben investiert. Die Regio Wil und die Geschäftsstelle WILWEST bedauern, dass das St.Galler Stimmvolk den Sonderkredit Arealentwicklung Wil West mit 72’898 zu 65’741 Stimmen (52.6 Prozent) abgelehnt hat. «Wir respektieren das Resultat, sind jedoch überzeugt, dass es für unsere Region eine verpasste Chance ist», sagt Lucas Keel, Präsident der Regio Wil. Verpasst deshalb, weil nun das Vorhaben nicht als abgestimmtes Gemeinschaftswerk beider Kantone Gestalt annimmt.

Die Menschen in der Region stehen mehrheitlich hinter dem Projekt WILWEST. Das reichte jedoch nicht. Offenbar waren die anderen Gebiete des Kantons nicht bereit, 35 Millionen in das Projekt WILWEST zu investieren, auch wenn das Geld mit dem Verkauf des Areals an den Kanton St.Gallen zurückgeflossen wäre. «Die Resultat zeigt auch, dass viele Menschen hier erwarten, dass sich unsere Region entwickelt. Dafür werden wir uns weiter einsetzten», so Lucas Keel.

Mit den involvierten Projektpartnern – der Regio Wil, dem Kanton St.Gallen, dem Kanton Thurgau, der Stadt Wil, den Gemeinden Münchwilen und Sirnach – gilt es zu klären, wie mit dem Projekt weiter verfahren werden soll. WILWEST ist ja nicht nur eine Arealentwicklung, sondern beinhaltet auch Mobilitätslösungen auf Strasse und Schiene sowie die Schaffung von 2000 bis 3000 Arbeitsplätzen.

Ein komplexes Vorhaben

Es ist schwierig, so kurz nach der Abstimmung auf Ursachensuche zu gehen. Peter Guler, Gesamtprojektleiter WILWEST, sieht dennoch einen Hauptgrund für das Scheitern: «Das Projekt WILWEST ist komplex und vielschichtig. Es gibt viele Themen, die Menschen bewegen, etwa der Verkehr oder der Verlust von Landwirtschaftsland. Man kann Nein sagen, ohne eine bessere Lösung haben zu müssen. Und erfahrungsgemäss sind die Menschen, die einverstanden sind, passiver als Gegner.»

Trotz verlorener Abstimmung hat sich eines deutlich gezeigt: Die bisherige Zusammenarbeit der Kantone St.Gallen und Thurgau sowie den Gemeinden der Regio Wil hat sich bewährt. Ohne das Bekenntnis zu den gemeinsamen Zielen von WILWEST hätte diese Vorlage dem Volk gar nicht unterbreitet werden können.

Kanton Thurgau will am Projekt dranbleiben

Das Gesamtvorhaben WILWEST ist nach dem Nein nicht gestorben. Der Kanton Thurgau sieht weiterhin vor, das Gebiet einzuzonen. Es seien nun aber diverse offene Fragen zu klären, heisst es in der Medienmitteilung am Abstimmungssonntag. Unter anderem müsse zuerst geklärt werden, wie der Kanton St. Gallen mit seinem Grundeigentum umgehen werde. «Wir gehen davon aus, dass es genügend Interessenten für das gut gelegene Areal geben wird, das sich durch eine hohe Qualität auszeichnen soll.» Mit den Bestimmungen in der kantonalen Nutzungszone könne sichergestellt werden, dass eine hochwertige und zukunftsgerichtete Arealentwicklung stattfinden werde, die auch Umweltanliegen berücksichtige.

Grund für das Festhalten an der Einzonung ist, dass das Gesamtvorhaben Wil West eine Reihe von raumplanerischen, verkehrlichen und infrastrukturellen Massnahmen umfasst, welche die Stärkung des Wirtschaftsstandorts, die Optimierung der Verkehrssituation sowie die Steigerung der Lebensqualität in der Stadt Wil und den umliegenden Gemeinden zum Ziel haben. Verankert ist die Standortentwicklung im Agglomerationsprogramm der Regio Wil und im Richtplan des Kantons Thurgau. 23 Gemeinden haben sich im Agglomerationsprogramm Wil verpflichtet, zugunsten des zentralen Standorts Wil West auf eigene Einzonungen zu verzichten. Für die strassenseitige Haupterschliessung des Areals hat der Grosse Rat bereits einen Netzbeschluss gefällt, dieser ist nach wie vor gültig. Der Kreditbeschluss ist Ende 2023 mit dem Budget 2024 geplant. 

Die Standortgemeinden Münchwilen und Sirnach haben ihre Planungshoheit für den Entwicklungsschwerpunkt Wil West 2016 an den Kanton Thurgau abgetreten. Sie entscheiden aber voraussichtlich im Frühsommer 2023 über die Gemeindebeiträge an die Neugestaltung der Zürcher- und Wilerstrasse und die Wege für Velofahrerinnen und Velofahrer sowie Fussgängerinnen und Fussgänger, welche Teil des Netzbeschlusses sind.

Der St.Galler Regierungsrat Marc Mächler sagte am Sonntag gegenüber den Medien: «Der Kanton St.Gallen kann nun die Erschliessung seines Gebiets nicht finanzieren.» Das sei vom Tisch und zu respektieren. Nun gehe es darum, mit dem Thurgau das Gespräch zu suchen.

Stadt Wil stimmt Sonderkredit deutlich zu

Die Stadt Wil hat den Sonderkredit mit 60.5 Stimmenprozent angenommen. Stadtpräsident Hans Mäder ist zwar enttäuscht vom kantonalen Nein, kann aber Positives aus dem Resultat in der Stadt Wil gewinnen: «Die Zustimmung in Wil zeigt, dass man den Leuten verständlich machen kann, was Sinn und Zweck eines solchen Projekts ist», sagt er gegenüber dem Tagblatt. Er deute das Ergebnis auch als positives Zeichen für Wil Vivendo.

Ebenso waren die Verkehrsmassnahmen (Autobahnanschluss Wil West, Kantonstrasse Thurgau Dreibrunnenallee, Umfahrungsstrasse Netzergänzung Nord, flankierende Massnahmen der Stadt und Region Wil) nicht Teil der Abstimmungsvorlage. Für diese Vorhaben sind separate Beschlussfassungen auf den Ebenen Bund, Kantone Thurgau und St.Gallen sowie auf kommunaler Ebene erforderlich und sie werden weiter vorangetrieben.